Erfolgloser Eilantrag eines Medizinstudenten, der Nachteile infolge von schöffenbedingten Fehlzeiten im Studium befürchtet
Mit Beschluss vom 29. November 2024 (Az. 8 K 4191/24) hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen den Eilantrag eines Studenten einer Medizinischen Fakultät vom gleichen Tage abgelehnt, der sich im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gegen Nachteile im Studium wendet, die ihm in der Zukunft durch die Ausübung seines Schöffenamts infolge von Fehlzeiten bei Lehrveranstaltungen entstehen könnten.
Der Antragsteller ist Student der Humanmedizin und Schöffe im Bezirk eines Landgerichts. Die Studien- und Prüfungsordnung seiner Universität knüpft die Zulassung zur Prüfung für die Lehrveranstaltung „Kursus der Makroskopischen Anatomie“ (der sogenannte Präparierkurs) an eine Anwesenheit von 85 %. Drei Fehlzeiten sind zulässig. Im Einzelfall können Fehlzeiten kompensiert werden. Bislang hat der Antragsteller bei dem Kurs in diesem Semester noch nicht gefehlt. Mitte September 2024 lud ihn das Landgericht für einen Gerichtstermin am 2. Dezember 2024. An diesem Tag findet auch der Präparierkurs statt. Die Universität lehnte es im Vorfeld ab, dem Antragsteller bereits jetzt eine Kompensation für mögliche schöffenbedingte Fehlzeiten zu gewähren.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller an das Verwaltungsgericht Sigmaringen und beantragt, die Universität zu verpflichten, es zu unterlassen, ihn durch schöffenbedingte Fehlzeiten in seinen Studienleistungen zu benachteiligen. Der Antragsteller sieht unzumutbare Nachteile. Er meint, dies verstoße gegen Vorgaben des Deutschen Richtergesetzes (DRiG), wonach Übernahme und Ausübung des Schöffenamts nicht zu Nachteilen führen dürften.
Dieser Argumentation ist das Verwaltungsgericht nicht gefolgt. Aus Sicht der Kammer ist gegenwärtig nicht absehbar, ob sich die durch sein Schöffenamt bedingte Abwesenheit von Lehrveranstaltungen überhaupt nachteilig für den Antragsteller auswirkt. Weil zum jetzigen Zeitpunkt ein Nachteil weder entstanden ist noch absehbar droht, ist der Antragsteller derzeit nicht rechtschutzbedürftig.
Verwaltungsrechtsschutz ist grundsätzlich nachträglicher Rechtsschutz. Das folgt aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung, der der Gerichtsbarkeit ausschließlich die Kontrolle der Verwaltungstätigkeit aufträgt, ihr aber grundsätzlich nicht gestattet, bereits im Vorhinein ge- oder verbietend in den Bereich der Verwaltung einzugreifen. Die Verwaltungsgerichtsordnung stellt ein System nachgängigen – gegebenenfalls vorläufigen – Rechtsschutzes bereit und geht davon aus, dass dieses zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) grundsätzlich ausreicht. Vorbeugende Klagen – erst recht vorbeugender vorläufiger Rechtsschutz – sind nur zulässig, wenn ein besonderes schützenswertes Interesse gerade an der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes besteht, wenn mit anderen Worten der Verweis auf den späteren Rechtsschutz mit für den Rechtsschutzsuchenden unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre. Ein berechtigtes Interesse an einem vorbeugenden Rechtsschutz kann insbesondere dann nicht anerkannt werden, solange sich noch nicht mit dafür erforderlicher Bestimmtheit übersehen lässt, welche Maßnahmen drohen oder unter welchen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen sie ergehen werden.
So liegt es hier. Die Frage, ob die Abwesenheit durch die ehrenamtliche Tätigkeit als Schöffe als Fehlzeit berücksichtigt werden darf oder nicht, wirkt sich erst aus, sollte der Antragsteller mangels ausreichender Anwesenheitszeiten eine Lehrveranstaltung nicht bestehen oder nicht zu einer Prüfung zugelassen werden. Dann müsste die Universität das Benachteiligungsverbot des § 45 Abs. 1a DRiG sowie die Parallelregelung des Landeshochschutzgesetzes (dort § 9 Abs. 7) berücksichtigen.
Ergänzend hat die Kammer den Antragsteller darauf hingewiesen, dass es ihm möglich gewesen wäre, auf die Ladung von Mitte September und den Eintritt der Terminkollision beim Landgericht eine Entbindung an bestimmten Sitzungstagen zu beantragen und seine Anwesenheitspflicht bei der Lehrpflichtveranstaltung am 2. Dezember 2024 sowie die fehlzeitbedingten Folgen als Hinderungsgrund zu nennen. Diese Möglichkeit sieht das Gerichtsverfassungsgesetz in § 54 GVG ausdrücklich vor.
Die Eilentscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsteller hat gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts bereits Beschwerde eingelegt. Hierüber muss nun der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entscheiden (Le).