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Erhöhter Steuersatz für Kampfhunde in Hundesteuersatzung nichtig
Datum: 15.05.2008
Kurzbeschreibung: (Urt. vom 29. April 2008 - 7 K 755/07) Die Stadt Laichingen darf für das Halten eines sog. Kampfhundes nicht 600 Euro jährlich Hundesteuer erheben, sondern lediglich denselben Tarif wie für jeden anderen Hund in Höhe von 81 Euro. Die städtische Hundesteuersatzung ist, soweit sie für sog. Kampfhunde eine höhere Steuer vorsieht, rechtswidrig und nichtig. Der Gemeinderat hat Ende 2006 beim Beschluss der entsprechenden Regelungen wissenschaftliche Untersuchungen der Tierärztlichen Hochschule Hannover aus den Jahren 2002 bis 2005 unberücksichtigt gelassen, die dafür sprechen, dass die Prämisse einer - rassebedingt - erhöhten Gefährlichkeit nicht mehr zutrifft und nicht die Rassezugehörigkeit eines Hundes für seine Gefährlichkeit maßgebend ist, sondern seine Haltung und Ausbildung. Dies hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen auf die Klage einer Hundehalterin gegen einen Hundesteuerbescheid entschieden.
Die Stadt Laichingen hatte ihre Hundesteuersatzung zum 01. Januar 2007 dahingehend geändert, dass für das Halten eines Kampfhundes der Steuersatz anders, als für sonstige Hunde, auf 600 € jährlich festgesetzt wurde. Dabei lehnte sie sich an die Polizeiverordnung des Landes über das Halten gefährlicher Hunde vom 3.8.2000 an und stellte auf die abstrakte Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen ab. Die Klägerin als Halterin eines American Staffordshire Terriers erhob gegen den erhöhten Hundesteuerbescheid 2007 erfolglos Widerspruch und anschließend Klage. Die Klage hatte Erfolg.
Hierzu hat das Verwaltungsgericht festgestellt, zwar dürfe mit der Hundesteuer auch eine Lenkungsfunktion verbunden werden. Der Satzungsgeber habe einen weiten Gestaltungsspielraum und dürfe im Hinblick auf den Aspekt der Praktikabilität und Effektivität typisieren und pauschalieren. Als rechtfertigender Grund für eine Zuordnung bestimmter Hunderassen zu den Kampfhunden und die daran anknüpfende höhere Besteuerung sei bislang anerkannt worden, dass Hunden bestimmter Rasse aufgrund ihrer genetischen Disposition ein gesteigertes Aggressionsverhalten zuzuschreiben sei und steuerlich bereits an die abstrakte Gefährlichkeit angeknüpft werden dürfe. Jedoch dürfe der Satzungsgeber nicht aus dem Blick verlieren, dass die Höherbesteuerung der Kampfhunde an die Prämisse einer erhöhten abstrakten - rassebedingten - Gefährlichkeit anknüpfe und ggf. Korrekturbedarf bestehe, wenn diese Prämisse durch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse erschüttert werde. Nehme ein Satzungsgeber die Regelung eines anderen Normgebers auf, sei er in vollem Umfang verantwortlich für ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Dies schließe auch die Pflicht des Satzungsgebers ein, die übernommene Regelung unter Kontrolle zu halten und ggf. zu korrigieren. Sei der Satzungsgeber jedoch verpflichtet, eine übernommene Regelung unter Kontrolle zu halten, müsse er erst recht dann, wenn er eine mehrere Jahre alte Regelung übernehme, überprüfen, ob die ihr zu Grunde liegenden Prämissen noch zuträfen. Die Polizeiverordnung des Landes sei im Zeitpunkt der Übernahme in die Hundesteuersatzung bereits über sechs Jahre alt gewesen. Der Stadt hätte es oblegen, eigene Ermittlungen dazu anzustellen, ob es zur abstrakten Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen neuere Untersuchungen gebe. Das habe sie unterlassen und damit das ihr beim Erlass der Satzung zustehende Ermessen fehlerhaft ausgeübt mit der Folge, dass die Hundesteuersatzung, so weit sie für bestimmte "Kampfhunderassen" eine erhöhte Steuer vorsehe, nichtig sei. Die Kammer wies gleichwohl darauf hin, es sei weiterhin möglich, die Haltung gefährlicher Hunde polizeirechtlich oder durch steuerlenkende Maßnahmen zu regeln; zu überprüfen werde jedoch sein, ob dabei abstrakt auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse abgestellt werden dürfe oder die individuelle Gefährlichkeit eines Hundes und die Zuverlässigkeit des Halters ermittelt werden müsse. (Bi.)