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Rücknahme einer Einbürgerung wegen verschwiegenem Ermittlungsverfahren und anderweitiger Verurteilung gerichtlich bestätigt
Datum: 06.09.2011
Kurzbeschreibung: (Urteil vom 20.07.2011 - 1 K 1752/10). Der Kläger, ein wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland und Vorbereitung eines Explosionsverbrechens zu einer Freiheitstrafe von 5 Jahren verurteilter ehemaliger türkischer Staatsangehöriger, der zuvor während eines laufenden Ermittlungsverfahrens wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz eingebürgert wurde, wandte sich gegen die Rücknahme der Einbürgerung durch die Stadt Ulm. Die Klage blieb erfolglos.
(1 K 1752/10) Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Rücknahme der Einbürgerung, die der Kläger durch arglistige Täuschung erwirkt habe, zu Recht erfolgt sei. Nach § 35 Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG - kann eine rechtswidrige Einbürgerung nur zurückgenommen werden, wenn der Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für seinen Erlass gewesen sind, erwirkt worden ist. Die Kammer hat die Einbürgerung des Klägers als rechtswidrig angesehen, weil im Zeitpunkt der Einbürgerung gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz anhängig gewesen ist. Wird gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt, ist nach § 12 a Abs. 3 StAG die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens, im Falle der Verurteilung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils, auszusetzen. Erfolge eine Einbürgerung - wie hier - unter Verstoß gegen diese Regelung, sei, so das Verwaltungsgericht, die Einbürgerung rechtswidrig. Die beklagte Stadt habe sich im Irrtum über das Vorliegen von Ermittlungsverfahren gegen den Kläger befunden. Die für die Einbürgerung zuständige Sachbearbeiterin habe davon keine Kenntnis gehabt. Dieser habe den Irrtum der Staatsangehörigkeitsbehörde zumindest bedingt vorsätzlich aufrecht erhalten. Ihm sei vor seiner Einbürgerung bekannt gewesen, dass gegen ihn wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt worden sei. Die Bedeutung strafbaren Verhaltens sei ihm durch das von ihm unterschriebene Antragsformular und Rückfragen zu einem Ermittlungsverfahren bzw. zu einer Verurteilung deutlich gemacht worden. Das von der Behörde auszuübende Ermessen sei auf Null reduziert gewesen, weil im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten und des Regierungspräsidiums über den Widerspruch eine Einbürgerung des Klägers offensichtlich und aus einem schwerwiegenden Grund ausgeschlossen gewesen sei. Der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit Vorbereitung eines Explosionsverbrechens zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt gewesen. Diese Straftat stehe einer Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 12 a Abs. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 2 StAG absolut entgegen. Da nach § 46 Landesverwaltungsverfahrensgesetz die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden könne, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass der Mangel die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, wäre ein Mangel der örtlichen Zuständigkeit der Beklagten (im Hinblick auf den Weggang des Klägers aus Ulm) wegen der Reduzierung des Rücknahmeermessens auf Null unbeachtlich. (Bi.)