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Übertragung von Dienstherrenbefugnissen bei der Bewährungs- und Gerichtshilfe auf dem Prüfstand
Datum: 06.08.2008
Kurzbeschreibung: (Beschluss vom 26.06.2008 - 6 K 512/07) Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen hat nach der mündlichen Verhandlung am 26.06.2008 ein beamtenrechtliches Klageverfahren ausgesetzt und die verfassungsrechtlichen Fragen dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung vorgelegt. Hintergrund ist die vertragliche Übertragung der Bewährungs- und Gerichtshilfe an eine gemeinnützige GmbH in freier Trägerschaft ohne Beteiligung des Landes Baden-Württemberg zum 01.01.2007. Dies wurde u.a. durch eine Neufassung des Landesgesetzes über die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Sozialarbeit im Justizvollzug möglich. Der Kläger, ein beamteter Bewährungshelfer, hält die Privatisierung der Bewährungs- und Gerichtshilfe für rechtswidrig. Es sei unzulässig, Dienstherrenbefugnisse auf private Träger zu übertragen. Er verfolgt mit seiner Klage im Wesentlichen das Ziel festzustellen, dass die Ausübung von Dienstherrenbefugnissen durch den privaten Träger rechtswidrig ist.
(6 K 512/07) Die Kammer, die Teile des Landesgesetzes über die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Sozialarbeit im Justizvollzug für verfassungswidrig hält, hat folgenden Beschluss gefasst:
„Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Bundesverfassungsgericht werden gemäß Art. 100 Abs. 1 GG folgende Fragen zur Entscheidung vorgelegt:
1. Ist § 8 Nr. 1 Satz 1 des Landesgesetzes über die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Sozialarbeit im Justizvollzug (LBGS) vom 1.7.2004 (GBl S. 504) i. d. F. vom 11.12.2007 (GBl S. 580) insoweit mit § 123 a Abs. 2 BRRG unvereinbar, als das Ergebnis der Dienstleistung der derzeit beschäftigten beamteten Bewährungs- und Gerichtshelfer einem freien Träger durch einen Dienstleistungsüberlassungsvertrag zur Verfügung gestellt werden kann?
2. Sind
- § 8 Nr. 1 Satz 2 LBGS (Ermächtigung des freien Trägers zur Ausübung der Fachaufsicht und des fachlichen Weisungsrechts),
- § 8 Nr. 2 LBGS (Organisationsermessen des freien Trägers),
- § 8 Nr. 6 LBGS (Pflicht des Beamten, den Anordnungen des freien Trägers Folge zu leisten)
mit Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar und nichtig?“
Die Kammer ist der Auffassung, der vollumfängliche Erfolg der Klage hänge davon ab, ob die o.g. genannten Vorschriften mit dem Grundgesetz vereinbar und gültig oder mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig sind. Sie ist davon überzeugt, dass § 8 Nr. 1 Satz 1 LBGS wegen Verstoßes gegen höherrangiges Bundesrecht, hier § 123 a Abs. 2 BRRG, gem. Art. 31 GG nichtig ist. Zur Überzeugung der Kammer verstoßen zudem die in Vorlagefrage Nr. 2 genannten gesetzlichen Vorschriften gegen Art. 33 Abs. 5 GG, da sie nicht mit den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums in Einklang stünden. Sie seien somit nichtig. Das Gericht sieht keine Möglichkeit, die beanstandeten Normen im Wege der verfassungskonformen Auslegung aufrecht zu erhalten. Das Verfahren sei gem. Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen. (Bi.)