Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.
Platzverweis eines Bürgermeisterkandidaten in Eningen rechtmäßig
Datum: 22.09.2003
Kurzbeschreibung: (Urteil vom 19. August 2003 - 7 K 465/03) Der Einspruch eines Mitbewerbers gegen die Bürgermeisterwahl in Eningen am 26.1.2003 wurde vom Landratsamt Reutlingen zu Recht zurückgewiesen.
Dies hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen mit Urteil vom 19. August 2003 entschieden. Ein Bewerber um das Amt des Bürgermeisters darf, so das Gericht, bei der öffentlichen Kandidatenvorstellung zwangsweise aus dem Saal entfernt werden, wenn er entgegen dem Gegenstand der Veranstaltung und der mehrfachen Aufforderung, sich zum Thema, d. h. zur Person bzw. zu seinen kommunalpolitischen Vorstellungen als künftiger Bürgermeister zu äußern, die Veranstaltung als Forum zu allgemeinpolitischen Äußerungen missbraucht.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 GemO könne die Gemeinde den zugelassenen Bewerbern um das Amt des Bürgermeisters Gelegenheit geben, sich den Bürgern in einer öffentlichen Versammlung vorzustellen. Eine gesetzliche Verpflichtung, eine solche Veranstaltung abzuhalten, bestehe nicht. Habe sich die Gemeinde jedoch - wie hier - zur Durchführung einer solchen Veranstaltung entschlossen, müsse sie den Bewerbern gleiche Chancen einräumen, wenn sie die Verletzung einer wesentlichen Vorschrift über die Wahlvorbereitung vermeiden wolle. Sinn und Zweck einer solchen Veranstaltung sei es, die Bürger über die Kandidaten, ihre Person und ihre Vorstellungen als künftiger Bürgermeister/künftige Bürgermeisterin zu informieren. Die Ausgestaltung des Ablaufs der Veranstaltung im einzelnen liege dabei im Ermessen der Gemeinde. Sie bestimme unter Beachtung der gebotenen Neutralität deren Rahmen. Es handle sich dann nicht um eine parteipolitische Wahlkampfveranstaltung, sondern um eine kommunale Informationsveranstaltung, wobei das Spektrum, wie sich ein Kandidat im einzelnen vorstelle, weit gespannt sein könne. Unsachliche inhaltliche Beschränkungen der Ausführungen der Kandidaten und eine Parteinahme durch den Veranstaltungsleiter seien in jedem Falle unzulässig.
Die Grenzen der gebotenen Neutralität und das Gebot der sachlichen Leitung der Veranstaltung seien hier jedoch nicht überschritten worden. Dem Kläger sei der vorgegebene Ablauf der Veranstaltung und ihr Gegenstand („Kandidatenvorstellung“) bekannt gewesen. Der Veranstaltungsleiter habe ihn bei Erteilung des Wortes noch einmal darum gebeten, sich als Kandidat für das Bürgermeisteramt vorzustellen. Als dieser daraufhin jedoch mehrere Minuten lang nur allgemeinpolitische Äußerungen gemacht habe, habe ihn der Veranstaltungsleiter zu Recht in sachlichem Ton mehrmals aufgefordert, sich zum Thema der Veranstaltung, d. h. zur Person bzw. zu seinen kommunalpolitischen Vorstellungen als künftiger Bürgermeister, zu äußern. Nachdem der Kläger das mit der Begründung abgelehnt habe, dass sich jeder so vorstellen dürfe, wie er wolle, und ungeachtet der Unmutsäußerungen im Saal seine allgemeinpolitischen Ausführungen fortgesetzt habe, habe ihm nach entsprechender Vorankündigung, auf die er nicht reagiert habe, das Mikrophon abgestellt werden dürfen. Als der Kläger trotzdem, nun schreiend, fortgefahren sei, sei er zu Recht aufgefordert worden, den Saal zu verlassen. Nach seiner Weigerung hätten schließlich als letztes Mittel auch Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung des ausgesprochenen Platzverweises ergriffen und der Kläger mit Polizeigewalt aus dem Saal geführt werden dürfen. Mit diesem abgestuften, auf die Wahrnehmung der Funktion als Leiter der kommunalen Veranstaltung und des gemeindlichen Hausrechts sowie der polizeilichen Generalklausel i. V. m. den Vorschriften zum Polizeizwang gestützten Vorgehen habe der damalige Bürgermeister als Veranstaltungsleiter und zuständiger Vertreter der Ortspolizeibehörde die Grenzen ordnungsgemäßer Veranstaltungsleitung, insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, eingehalten. (Bi)