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Schwerhörige Realschülerin erhält Eingliederungshilfe für die fachkundige Nacharbeit des Unterrichts

Datum: 02.05.2001

Kurzbeschreibung: (Beschluss vom 06.03.2001 - 9 K 82/01 -) Die Kosten für unterrichtsbegleitende Fördermaßnahmen bei einer Realschülerin zum Ausgleich ihrer Schwerhörigkeit hat der Sozialhilfeträger im Wege der Eingliederungshilfe und nicht die Schule zu tragen.

Dies hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen im Rahmen einer einstweiligen Anordnung entschieden und den Sozialhilfeträger verpflichtet, zunächst darlehensweise die Nacharbeit des Unterrichtsstoffes für zwei Stunden je Unterrichtstag unter fachlicher Anleitung zu finanzieren.

Die schwerhörige Schülerin besucht mit gutem Erfolg eine Realschule ohne sonderpädagogische Förderungseinrichtung. Hintergrund des Verfahrens war ein Streit zwischen dem Sozialhilfeträger und der Schulverwaltung, wer für die notwendigen unterrichtsbegleitenden Maßnahmen zuständig ist. Das Gericht entschied nun, der Sozialhilfeträger habe im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten für die fachlich begleitete Nacharbeit des täglichen Unterrichtsstoffes zu tragen. Zwar sei zunächst die Schule zur Erfüllung des ihr übertragenen Bildungsauftrags verpflichtet. Dieser gelte grundsätzlich auch im Hinblick auf behinderte Schüler. Für eine Realschule, die zur Förderung Behinderter weder personell noch sächlich besonders ausgestattet sei, gelte dies jedoch nur eingeschränkt. Im konkreten Fall sei der Förderbedarf der Schülerin nicht als Teil des Tätigkeitsbildes eines Realschullehrers an einer Normalschule anzusehen. Denn sie brauche keine Nachhilfe im üblichen Sinn, sondern einen „Übersetzer“, der ihr neue Begriffe und Sachverhalte, die im Unterricht mündlich erläutert worden seien, auf andere Weise erkläre. Es gehe dabei nur in geringem Maße um die Nacharbeit des Unterrichtsstoffes im Sinne reiner Wissensvermittlung, sondern um den Ausgleich von Verständnisdefiziten bei der Schülerin aufgrund ihrer Schwerhörigkeit. Daher greife der Grundsatz der Nachrangigkeit der Sozialhilfe gegenüber anderen Hilfemöglichkeiten hier nicht ein. Die Kammer hielt bei der Schülerin vorläufig zwei Förderstunden je Unterrichtstag für angemessen und ausreichend.(Mo)

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