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Stadt Hechingen muss Gesicht auf Brunnenrelief beseitigen
Datum: 03.08.2000
Kurzbeschreibung: (Urteil vom 19.07.2000 - 1 K 2315/98) Die Stadt Hechingen muss auf ihrem Marktplatzbrunnen das Bronzegesicht des Anführers in der dargestellten Szene über die Vertreibung und Vernichtung jüdischer Mitbürger beseitigen.
Dies hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen mit seinem Urteil vom 19.7.2000 entschieden.
In dem Rechtsstreit hatte ein Mitglied des Gemeinderates geltend gemacht, er sei auf dem Marktplatzbrunnen als Nazi-Scherge dargestellt worden, der unter Anwendung von Waffengewalt die Vertreibung und Vernichtung von Juden aus der Stadt während des Dritten Reiches befohlen habe. Diese Darstellung verletze ihn in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Sie habe vermutlich ihren Grund darin, dass er sich bei der Vergabe des Auftrags an den im süddeutschen Raum renommierten Künstler Prof. R. gegen die Darstellung noch lebender Personen auf dem Brunnen ausgesprochen habe. Schon damals habe der Künstler angekündigt, auch ihn auf dem Brunnen abzubilden.
Die Stadt Hechingen, die den Brunnen nach Beteiligung ihres Gemeinderates konzeptionell abgesegnet, aber dem Künstler vertraglich alle künstlerischen Freiheiten eingeräumt hat, hatte den Brunnen im Oktober 1998 auf dem zentralen Platz in der Stadt aufgestellt und der Öffentlichkeit übergeben. Sie behauptet im Einklang mit dem beigeladenen Künstler, die maßgebliche Figur stelle den klagenden Stadtrat überhaupt nicht dar.
Dieser Auffassung ist das Verwaltungsgericht Sigmaringen nach der Einnahme eines Augenscheins nicht gefolgt. Es ist laut seinem nun vorliegenden Urteil zu der Ansicht gelangt, dass die Figur des Anführers auf dem Brunnen den Kläger darstellt und auch darstellen soll. Eine solche Darstellung seiner Person auf dem zentralen Platz der Stadt verletze den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, das verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet sei. Die Stadt könne sich als Eigentümerin des Brunnens zur Rechtfertigung des Eingriffs weder auf die Kunstfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG noch auf den Schutz des Eigentums aus Art. 14 GG sowie einfachgesetzliche Vorschriften berufen. Verfassungsrechtliche Abwehrrechte - so das Gericht - stünden ihr als Hoheitsträgerin ohnehin nicht zu. Selbst wenn sich die Stadt oder der Künstler aber auf die Kunstfreiheit berufen könnten, wäre das Persönlichkeitsrecht vorrangig zu berücksichtigen, zumal der Kläger keinerlei Anlass zu einer solch diffarmierenden Darstellung gegeben habe. Auch das Urheberrecht des Künstlers stehe einer Beseitigung der Gesichtszüge der Figur, die den Kläger identifizierbar gemacht hätten, nicht entgegen. Eine Beseitigung des gesamten Brunnenreliefs, das die Vertreibungsszene darstellt, könne der Kläger hingegen nicht verlangen.(Mo)