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Urteilsgründe zur Ablehnung der Klagen gegen die Uferrenaturierung Kressbronn liegen vor

Datum: 07.11.2025

Kurzbeschreibung: 

Urteilsgründe zur Ablehnung der Klagen gegen die Uferrenaturierung Kressbronn liegen vor

Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Sigmaringen hat mit Urteilen vom 11.06.2025 mehrere Klagen gegen die Uferrenaturierung in Kressbronn abgewiesen (2 K 3303/24, 2 K 3304/24, 2 K 3306/24, 2 K 3307/24, 2 K 60/25 und 2 K 349/25). Nun liegen die vollständigen Urteilsgründe vor. 

Mehrere Eigentümer und Nutzungsberechtigte von unmittelbar am Bodensee gelegenen Grundstücken wollten mit ihren Klagen die Aufhebung des hierzu im Jahr 2001 ergangenen Planfeststellungsbeschlusses erreichen. Dieser Beschluss sieht im Wesentlichen vor, das Bodenseeufer in Kressbronn zwischen dem Gemeindehafen und der Landesgrenze zu Bayern durch Abbruch verschiedener Verbauungen wie Mauern, privaten Hafenanlagen, Stegen, Bootsslipanlagen und -anlegestellen zu renaturieren und durch Anschüttungen ein naturnäheres Ufer zu schaffen. Im westlichen Planbereich ist zwischen Seepark und Landungssteg die Anlage eines Uferweges vorgesehen.

Gegen den Planfeststellungsbeschluss hatten bereits nach dessen Erlass verschiedene Anlieger – darunter auch einige der aktuellen Kläger – beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klagen erhoben, die das Verwaltungsgericht im Jahr 2010 abwies. Rechtsmittel beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg und beim Bundesverwaltungsgericht, das 2015 entschied, blieben erfolglos. Der Planfeststellungsbeschluss war damit bestandskräftig. 

Die in der Folge zur Umsetzung des Planfeststellungsbeschlusses erarbeitete Ausführungsplanung des Regierungspräsidiums Tübingen berücksichtigte zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen wie gesunkene Wasserstände und natürliche Anlandungen. Sie sieht u.a. vor, dass im westlichen Teil des Planbereichs infolgedessen die Anschüttungshöhe reduziert und damit auch der Uferweg abgesenkt werden soll. Im östlichen Bereich wird auf ursprünglich geplante flächige Anschüttungen verzichtet. Ferner ist vorgesehen, die Treppe im Seegarten nahe dem Landungssteg zu erhalten. 

Die Kläger wandten sich – teils noch im Jahr 2015, teils erst im Jahr 2024 – mit Anträgen an das Landratsamt Bodenseekreis und machten geltend, der Planfeststellungsbeschluss könne keinen Bestand haben. Streitig war zunächst die Frage der korrekten Bestimmung des Grenzverlaufs der betroffenen Grundstücke. Dies war auch Gegenstand eines Rechtsstreits, der – erfolglos – beim Landgericht Ravensburg, beim Oberlandesgericht Stuttgart und zuletzt beim Bundesgerichtshof geführt wurde. Zudem beriefen sich die Kläger – mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – auf diverse tatsächliche und rechtliche Entwicklungen. Kontrovers diskutiert wurden u.a. die sinkenden Wasserstände, natürliche Materialanlandungen und eine Erhöhung der Hochwasser- und Erosionsgefahr. Außerdem wurden verschiedene naturschutzfachliche Fragen wie die Auswirkung des Vorhabens auf Tiere und Pflanzen (Groppe, Laufkäfer, Zauneidechse, Algen) und geologische bzw. geotechnische Fragen, darunter mögliche Auswirkungen der Anschüttungen auf die anliegenden Grundstücke und Gebäude, erneut aufgeworfen. 

Zur Begründung der Klagabweisungen führt die 2. Kammer im Wesentlichen aus, trotz bereits vorliegender höchstrichterlicher Entscheidungen seien die Klagen zwar zulässig. Sie seien jedoch nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss sei – soweit dies in einem Fall noch gerügt werden könne – weder von Anfang an rechtswidrig gewesen, noch seien in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht nachträglich eingetretene Widerrufsgründe gegeben. 

Dass die nach Abschluss des (ersten) Klageverfahrens erfolgte Ausführungsplanung den Planfeststellungsbeschluss nicht „eins zu eins“ umsetze, erachtete die Kammer als unschädlich. Wegen der damit einhergehenden Veränderungen sei kein vollständig neues Planfeststellungsverfahren erforderlich. Die Planrechtfertigung ist nach Auffassung der Kammer nicht entfallen. Zudem entspreche auch die weiterhin angestrebte Entfernung der naturfernen Verbauungen dem Renaturierungszweck. 

Dem Einwand verschiedener Kläger, wonach wegen drohender Setzungen bzw. eines drohenden Grundbruchs die Statik insbesondere ufernaher Gebäude (Sauna, Bootshaus etc.), aber auch der vom Ufer weiter entfernten Wohngebäude durch die Anschüttungen unzumutbar beeinträchtigt werden könnte und dies zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen müsse, folgte die Kammer nicht. Die vorgetragenen Bedenken hinsichtlich einer mit dem Abbruch von Verbauungen einhergehenden Verschlechterung des Hochwassers- und Erosionsschutzes verhalfen den Klagen ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Abbruch u.a. einer Hafenanlage und einer Betonterrasse seien bereits Gegenstand des gerichtlich überprüften und bestandskräftigen Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Neue Tatsachen, die zu einer von den früheren gerichtlichen Entscheidungen abweichenden Beurteilung führten, hätten sich hier nicht ergeben. Die Schaffung eines naturnäheren Zustands mit langgezogener Böschung und flacherer Geländeneigung statt senkrecht stehender Mauern lasse insoweit keine unzumutbare Gefahr erkennen. Insbesondere würden die Wellen dadurch gerade bei Hochwasserereignissen nicht mehr an starren Verbauungen reflektiert, sondern könnten natürlich auslaufen. 

Soweit die klagenden Anlieger der Renaturierungsmaßnahmen erneut den Schutz von Pflanzen- und Tierwelt entgegenhielten, drangen sie ebenfalls nicht durch. Neben zahlreichen rechtlichen Gesichtspunkten hob das Gericht u.a. auch hervor, dass es sich um eine Maßnahme der Renaturierung (nicht etwa um eine naturferne Infrastrukturmaßnahme) handle, die nach den zahlreichen fachkundigen Stellungnahmen auf Herstellung eines für Tiere und Pflanzen günstigen Lebensraums ausgerichtet sei. 

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Innerhalb eines Monats nach Zustellung der Urteile kann die Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim beantragt werden. (Was)