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Neunjähriges Kind haftet für Kosten eines Feuerwehreinsatzes

Datum: 24.02.2003

Kurzbeschreibung: (Urt. vom 5. Februar 2003, Az. 5 K 310/02) Im Oktober 2000 war es im Gemeindegebiet H. zu einem Schadenfeuer gekommen, bei dem ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Es entstand ein Gebäudeschaden von 800.000 DM. Das Gebäude wurde in der Folgezeit abgerissen. Das Feuer wurde durch den zum Rechtsstreit beigeladenen neunjährigen Jungen verursacht. Dieser spielte gemeinsam mit seinem fünfjährigen Bruder und einem zehnjährigen Freund im ehemaligen Ökonomieteil des landwirtschaftlichen Anwesens. Die Kinder bauten mit Strohballen eine „Höhle“. Der Beigeladene entzündete im Verlauf des Spielens ein Feuerzeug, wodurch es zu dem Brand kam. Die klagende Gemeinde verlangte von dem  Kind für die Leistungen der Gemeindefeuerwehr 12.587,00 DM (6.435,63 EUR). Auf seinen Widerspruch hob das Landratsamt den Kostenbescheid auf, weil weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit gegeben sei. Die Polizeidirektion Sigmaringen sei abschließend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beigeladene die Strohballen im Schuppen versehentlich in Brand gesetzt habe.

Anders als das Landratsamt hält das Gericht den Kostenbescheid für rechtmäßig und hat der Klage der Gemeinde gegen den aufhebenden Widerspruchsbescheid jetzt stattgegeben. Rechtsgrundlage sei § 36 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Feuerwehrgesetz i.V.m. der Feuerwehrkostenersatzsatzung der Klägerin. Hiernach sollen die Träger der Gemeindefeuerwehr von dem Verursacher Ersatz der Kosten verlangen, wenn er die Gefahr oder den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Das Gericht ist der Auffassung, der Beigeladene habe den Brand zwar nicht vorsätzlich, jedoch in zurechenbarer Weise grob fahrlässig herbeigeführt, weswegen er bzw. seine Haftpflichtversicherung ersatzpflichtig sei. Bei einem neunjährigen Kind sei davon auszugehen, dass es die von Feuer und leicht entflammbaren Gegenständen ausgehenden Gefahren kenne und sich auch demgemäss verhalte, jedenfalls dann, wenn - wie hier - eine altersgerechte Entwicklung vorliege. Beim beigeladenen Kind seien keine Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen, dass ihm diese grundsätzliche intellektuelle Einsichtsfähigkeit gefehlt habe. Es hätte erkennen können, dass der Umgang mit einem Feuerzeug in einer Scheune mit Strohballen habe gefährlich werden können. Nach den eigenen Angaben des Jungen in der mündlichen Verhandlung habe er trotz des ausdrücklichen Verbotes der Eltern gemeinsam mit einem anderen Kind und später auch mit dem 5-jährigen Bruder in der Scheune gespielt. Es sei ihm verboten gewesen, mit dem Feuerzeug umzugehen und es sei ihm bewusst gewesen, dass es „irgendwie“ gefährlich sei, mit Feuer im Stroh zu sein. Angesichts der Enge des Strohloches, in dem ein Weiterkommen nicht möglich gewesen sei, der bewussten Wahrnehmung, dass es sich um eine Höhle aus Stroh gehandelt habe und des Wissens um die Gefährlichkeit offenen Feuers insbesondere in der Nähe von Stroh, stelle das Entzünden eines Feuerzeuges zum Lichtmachen auch durch einen 9-jährigen wie den Beigeladenen in besonders schwerem, ungewöhnlich hohem Maße einen Sorgfaltspflichtverstoß dar. Der Beigeladene habe außer Acht gelassen, was angesichts der Situation und Lage, in welcher er sich befunden habe, naheliegend gewesen sei und unter den gegebenen Umständen jedem hätte einleuchten müssen, nämlich, dass sich das in unmittelbarer Nähe befindliche Stroh sofort entzünden konnte, wie es dann auch geschehen sei. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass sogar der 5 Jahre alte Bruder „das mit dem Feuerzeug nicht so gut“ gefunden und lieber gewollt habe, dass man eine Taschenlampe hole.(Bi)

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