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Klage eines Landwirts gegen Baugenehmigung für Asylbewerberheim erfolgreich
Datum: 17.08.2017
Kurzbeschreibung: (Urteil vom 08.05.2017 - 1 K 3405/16) Die Nachbarklage eines Landwirts in einem Reutlinger Teilort gegen heranrückende Wohnbebauung infolge einer auf fünf Jahre befristet erteilten Baugenehmigung für eine Asylbewerberunterkunft hatte Erfolg. Die der Stadt Reutlingen vom Regierungspräsidium Tübingen erteilte Baugenehmigung wurde aufgehoben.
In
den Entscheidungsgründen ist im Wesentlichen ausgeführt, die beabsichtigte Errichtung einer Asylbewerberunterkunft am
vorgesehenen Standort durch die Stadt Reutlingen verstoße gegen das auch die Interessen des Klägers schützende
bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme, weil der Kläger bei Verwirklichung des Bauvorhabens damit rechnen müsse,
Einschränkungen bei der Führung seines genehmigten landwirtschaftlichen Betriebs hinnehmen zu müssen. Das gelte
unabhängig von der vom Kläger bestrittenen Gültigkeit des Bebauungsplans, der für das Bauvorhaben ein allgemeines
Wohngebiet festsetze, wohingegen sich das Grundstück des Klägers bei seiner Bebauung als landwirtschaftliches
Betriebsgrundstück ohne Zweifel im Außenbereich befunden habe. Überschreite ein genehmigter landwirtschaftlicher Betrieb als
Verursacher von Immissionen auf einem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück die Grenze des dort Zumutbaren, könne er dieses
Vorhaben abwehren, wenn nach dessen Verwirklichung Ansprüche auf Reduzierung der Immissionen geltend gemacht werden könnten. Denn
nicht nur Vorhaben, von denen Belästigungen ausgingen, sondern auch solche, die sich schädlichen Umweltauswirkungen aussetzten,
könnten gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen. Daraus folge, dass eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots zu Lasten
des Klägers vorliege, weil das Bauvorhaben unzulässigen Immissionen ausgesetzt sei und der Kläger nicht in gleicher Weise
wie auf das Vorhabengrundstück bereits Rücksicht auf andere Wohngebäude zu nehmen habe. Das Gericht stützt diese
Beurteilung auf die gutachterliche Stellungnahme des Regierungspräsidiums Tübingen vom 05.01.2016. Die
Geruchsstundenhäufigkeiten auf dem Baugrundstück lägen danach jenseits des nach dem Erlass des
Umweltministeriums Baden-Württemberg selbst für den Außenbereich zulässigen Wertes von 25 %. Für Wohn- und
Mischgebiete sehe der Erlass einen Wert von 10 % und für ein Dorfgebiet einen Wert von 15 % als zulässig an. Die beiden zuletzt
genannten Werte lege auch die Geruchsimmissions-Richtlinie ihrer Beurteilung zugrunde. Die Kammer könne damit aufgrund der
gutachterlichen Stellungnahme des Regierungspräsidiums Tübingen davon ausgehen, dass auf dem zur Bebauung
vorgesehenen Grundstück Immissionen vorhanden seien, die gegen das Rücksichtnahmegebot verstießen, wenn sie dort auf eine
Wohnnutzung träfen, die auch
bei einer Asylbewerberunterkunft gegeben sei. (Bi.)