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Ostrach: Kein Baustopp für den sogenannten „1.000-Kühe-Stall“

Datum: 17.04.2020

Kurzbeschreibung: (Beschluss vom 27.03.2020 - 5 K 3036/19 -) Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens einen Baustopp für den sog. „1.000-Kühe-Stall“ in Ostrach-Hahnennest abgelehnt. Ein darauf gerichteter Eilantrag eines anerkannten Umweltverbands blieb damit ohne Erfolg.

(5 K 3036/19) Das Landratsamt Sigmaringen hatte einer von vier lokalen Landwirten gegründeten Betreibergesellschaft die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung eines „Milchviehlaufstalles“ für bis zu 1.000 Kühe und 80 Kälber erteilt. Dem war bereits ein projektbezogenes Bebauungsplanverfahren der Gemeinde Ostrach vorausgegangen; eine an den Landtag gerichtete Petition von Projektgegnern war erfolglos geblieben. Das Gericht hatte nunmehr über einen Antrag eines Umweltverbands zu entscheiden, die aufschiebende Wirkung seines beim Regierungspräsidium Tübingen eingelegten Widerspruchs gegen die Vorhabenzulassung anzuordnen.

 

Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts ist zunächst der Auffassung, dass der hier um Rechtsschutz nachsuchende Umweltverband aus verfahrensrechtlichen Gründen im sogenannten vereinfachten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren lediglich sogenannte umweltbezogene Rechtsvorschriften nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz rügen kann. Brandschutzrechtliche Bestimmungen seien daher vom Prüfungsumfang des Gerichts bereits ausgeschlossen, weshalb zum Beispiel über Fragen der Realisierbarkeit des Evakuierungs- und Tierrettungskonzepts für den Fall eines Stallbrandes nicht habe entschieden werden müssen. Soweit der Umweltverband die seitens des Landratsamts durchgeführte Vorprüfung der Umweltverträglichkeit des Vorhabens sowie die Vorprüfung von etwaigen Beeinträchtigungen eines benachbarten FFH-Gebiets (Flora-Fauna-Habitat / Natura 2000) beanstandet, kann dies nach Auffassung des Gerichts nicht zu einem Baustopp im Eilverfahren führen, weil der Verband diese Rügen bereits im Bebauungsplanverfahren hätte vorbringen können und müssen; die Regelungen im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 50 Abs. 3 UVPG) und im Bundesnaturschutzgesetz (§ 34 Abs. 8 BNatSchG) würden einer Mehrfachprüfung derselben Umweltbeeinträchtigungen entgegenstehen. Gleichwohl sei insbesondere die FFH-Verträglichkeitsvorprüfung in der Sache womöglich tatsächlich defizitär bzw. jedenfalls in den Akten nicht ausreichend nachvollziehbar dokumentiert. Es könne letztlich derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass im betroffenen Natura-2000-Gebiet geschützte Lebensraumtypen durch Stickstoffeintrag beeinträchtigt werden. Etwaige Fehler hierbei seien jedoch in einem behördlichen Verfahren heilbar.

 

Ferner kann im Eilverfahren – so die Kammer weiter – auch nicht festgestellt werden, dass es durch die Realisierung des Vorhabens zu einer relevanten Grundwassergefährdung kommt. Die Vorschriften der vor Ort einschlägigen Wasserschutzgebietsverordnungen seien eingehalten. Problematisch sei insoweit in erster Linie die Ausbringung der Gärreste, die nach Einbringung der anfallenden Gülle in die benachbarte Biogasanlage verblieben. Die Vorhabenträgergesellschaft habe aber hinreichende Abgabe- und Ausbringungskapazitäten nachgewiesen, die vom Landratsamt geprüft und vom Antragsteller als solche nicht in Zweifel gezogen worden seien. Die Kammer weist in ihrem Beschluss allerdings darauf hin, dass das Landratsamt ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der Nitratmesswerte im Rahmen des durch Nebenbestimmungen zur Genehmigung angeordneten Grundwassermonitorings werde legen müssen und unter Beobachtung halten müsse, ob sich die „auf dem Papier“ dargelegte Abgabekapazität auch als dauerhaft real düngerechtskonform vorhanden erweise. Dies sei insbesondere deshalb von Bedeutung, weil die düngerechtlichen Bestimmungen zwischenzeitlich seit der Erteilung der Genehmigung verschärft worden seien und aktuell weiter verschärft würden, was gegebenenfalls zuletzt auch eine Verpflichtung zur Reduktion des Betriebsumfangs bzw. des Tierbesatzes zur Folge haben könnte.

 

Auch Bestimmungen zum Schutz benachbarter Biotope würden durch das Vorhaben – und insbesondere wiederum durch die von diesem ausgehenden Stickstoffeinträge – voraussichtlich nicht verletzt. Die insoweit vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen hält die Kammer bei summarischer Prüfung für ausreichend. Ebenso wenig sei die mit dem Vorhaben verbundene Flächenversiegelung zu beanstanden, die rechtlich nicht als Nutzungsänderung des zuvor bestehenden Grünlandes im Sinne der Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO) anzusehen sei.

 

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig und kann binnen zwei Wochen nach Zustellung an die Beteiligten mit der Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg angefochten werden. (Na)

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