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Wangen: Kein neuer Verbrauchsmarkt beim Bahnhof wegen möglicher schädlicher Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der Stadt
Datum: 27.03.2015
Kurzbeschreibung: (Urteil vom 27.01.2015 – 3 K 3936/12 -) Das Vorhaben, nördlich des Bahnhofs einen Verbrauchermarkt mit zugehörigen Parkplätzen zu erstellen, kann derzeit nicht verwirklicht werden. Beantragt war die Verpflichtung der Stadt zur Erteilung eines Bauvorbescheids zu verschiedenen bauplanungsrechtlichen Fragen. Das hierzu nach mündlicher Verhandlung und dem Augenschein des Gerichts ergangene Urteil liegt nun mit ausführlicher schriftlicher Begründung vor.
Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass der Verbrauchermarkt - bei Ungültigkeit des Bebauungsplans „Bahnhof-Industrie West I“ im Bereich des Baugrundstücks - als Vorhaben im Innenbereich nach seiner Art, dem Maß, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche planungsrechtlich zulässig ist und nicht gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt. Insoweit wurde die Stadt verpflichtet, einen Bauvorbescheid zu erlassen. Von wesentlichem Gewicht ist jedoch, dass das Gericht nicht feststellen konnte, dass von dem Vorhaben keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Stadt oder in anderen Gemeinden zu erwarten ist, und diesbezüglich die Klage abgewiesen hat. Dieser planungsrechtliche Aspekt steht daher im Ergebnis dem Bauvorhaben entgegen.
Das Gericht führt aus, der Bebauungsplan sei jedenfalls im Bereich des vorgesehenen Baugrundstücks unwirksam, da er gegen das Bestimmtheitsgebot und das Gebot der Normklarheit verstoße. Denn er enthalte für den maßgeblichen Bereich einen Vorbehalt, der für einen Bauwilligen nicht aus sich heraus verständlich sei. Es gehe darum, dass städtebauliche Festsetzungen im Gelände der Deutschen Bahn nur insoweit rechtsverbindlich sein sollten, als keine Planfestsetzungen für Bahnanlagen im Sinne eines planfestgestellten Gebiets vorhanden seien. Damit sei aber nicht klar, in welchem Umfang die städtebaulichen Festsetzungen unmittelbar Geltung beanspruchen könnten oder ob diese von bahnrechtlichen Festsetzungen überlagert oder gar verdrängt seien.
Das Baugrundstück befinde sich deshalb innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ohne berücksichtigungsfähige Festsetzungen durch einen Bebauungsplan. Auch aufgrund des Augenscheins ergebe sich, dass ein Anspruch auf einen Bauvorbescheid insoweit bestehe, als das geplante Vorhaben nach der Art und dem Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, bauplanungsrechtlich zulässig sei und nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Unbegründet sei die Klage aber, soweit von der Stadt eine Entscheidung verlangt werde, wonach dem geplanten Bauvorhaben sonstige planungsrechtliche Regelungen nicht entgegenstünden. Denn der vorgesehene Verbrauchermarkt stehe mit § 34 Abs. 3 BauGB nicht in Einklang. Danach dürften keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbetriebe in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein. Eine derartige Funktionsstörung des Versorgungsauftrags des innerstädtischen zentralen Versorgungsbereich sei aber gerade zu erwarten. Zwei prognostische Marktgutachten zur Umsatzentwicklung im Lebensmittelsegment gingen von einer Umverteilung zwischen 7% und 8% bzw. 13,1 % aus. Weiter stehe einer Verkaufsfläche von knapp 3.200 qm in der Innenstadt bei Realisierung des Vorhabens eine projektierte Fläche von 2.200 qm gegenüber. Zusammen mit den bereits vorhandenen Märkten könnten Agglomerationseffekte zu Lasten der Innenstadt entstehen. Es seien daher - jedenfalls das Lebensmittelsegment betreffende - schädliche Auswirkungen im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB durch das Bauvorhaben zu erwarten. (Mo)